16.08.2016

Aachenmünchener unterliegt vor dem Bundesverfassungsgericht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11) entschieden, dass Versicherungsnehmer einer zwischen 1994 und 2007 abgeschlossenen Lebensversicherung einen Rückabwicklungsanspruch haben, wenn sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt wurden.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat zwei Verfassungsbeschwerden der Aachenmünchener Lebensversicherung nicht zur Entscheidung angenommen, da das „ewige“ Widerrufsrecht, das nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrten Lebensversicherungs-Kunden eingeräumt wird, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Aktuell will der Versicherer die vorliegenden Widerspruchserklärungen schnellstmöglich bearbeiten.

Ergänzend zu dem o.g. Urteil hatte der BGH in zwei weiteren Verfahren von Kunden der Aachenmünchener Lebensversicherung AG eine entsprechende Entscheidung gefällt. Wenngleich die Kunden den 1993 und 2003 abgeschlossenen Verträgen erst 2010 bzw. 2013 wiedersprachen, sei das nach § 5a Absatz 2 Satz 4 VVG alte Fassung einjährige Widerrufsrecht nicht erloschen. Aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung sei die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden. Daher seien Widersprüche ungeachtet dieser Frist rechtzeitig erfolgt (Urteile vom 29. Juli 2015 – IV ZR 448/14, IV ZR 384/14.

Die Aachenmünchener hatte gegen die zwei BGH-Entscheidungen Verfassungsbeschwerden eingelegt, welche das BVerfG mit veröffentlichtem Beschluss vom 23. Mai 2016 (1 BvR 2230/15, 1 BvR 2231/15) nicht zur Entscheidung angenommen hatte. Nach gerichtlicher Auffassung ist die Einräumung eines „ewigen“ Widerrufsrechts bei Lebensversicherungen, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden war oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat, […] verfassungsrechtlich nicht zu monieren.

Die gerügten BGH-Urteilen wahrten die verfassungsrechtlichen Grenzen der richterlichen Rechtsfindung und Gesetzesbindung und verletzten die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Recht aus Artikel 2 Absatz 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 GG. Der BGH habe durch seine Urteile die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert, den erkennbaren, ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nicht beiseitegeschoben und den vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck der Regelung des § 5a Absatz. 2 Satz 4 VVG a.F. unter Beachtung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Auslegung der Richtlinien zur Lebensversicherung möglichst weitgehend zur Geltung gebracht.“

Der Versicherer erklärte, dass er diese Entscheidung selbstverständlich respektiere und nun die BGH-Urteile umsetze. Man habe sich darauf vorbereitet und werde die vorliegenden Widerspruchserklärungen nunmehr schnellstmöglich bearbeiten. Bis dato hatte die Gesellschaft Rückabwicklungsanfragen unter Verweis auf die Verfassungsbeschwerden abgelehnt.

Auch in Schreiben anderer Anbieter waren entsprechende Verhaltensweisen von den Verbraucherschützern entdeckt worden.