25.09.2015

BGH-Entscheidung zum PKV-Risikozuschlag beim Tarifwechsel

 

 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 15. Juli 2015 entschieden (IV ZR 70/15), dass ein privater Krankenversicherer, dessen Versicherter von einem Pauschalprämie-Tarif, in welchem das durch Vorerkrankungen des Versicherten bedingte Risiko zuschlagsfrei einkalkuliert ist, in einen Grundprämie-Tarif wechseln möchte, einen individuellen Risikozuschlag erheben darf.

Anfang 1998 hatte ein Mann und späterer Kläger bei einem privaten Krankenversicherer eine Krankheitskosten-Versicherung abgeschlossen. Trotz Angabe einer Nierensteinzertrümmerung in den Gesundheitsfragen, wurde der Antrag ohne Berechnung eines Risikozuschlags angenommen, da der abgeschlossene Tarif mit einer Pauschalprämie kalkuliert worden war, die eine große Bandbreite möglicher Risiken abdeckte. Dafür zahlte der Kläger einen relativ hohen Monatsbeitrag. Aufgrund der dauerhaften Beitragsbelastung entschloss er sich im November 2010 zu einem Wechsel in einen Kompakttarif, um dadurch bei gleichartigem Versicherungsschutz vermeintlich fast 100,- € pro Monat sparen zu können.

Die gewünschte Einsparung ließ sich jedoch nur bei einem direkten Vergleich der Tarifprämien realisieren, da der Versicherer wegen der Nierensteinzertrümmerung den Tarifwechsel nur akzeptieren wollte, wenn der Kläger dazu einen monatlichen Risikozuschlag von fast 33,- € zahlte.

Der Kläger hielt dies für ungerechtfertigt und verklagte den Versicherer.

Erstinstanzlich obsiegte er noch, unterlag aber in der Berufungsinstanz und seiner beim BGH eingereichten Revision.

Die Richter billigten ihm grundsätzlich das Recht auf einen Tarifwechsel zu.

Bei Wechsel eines Versicherungsnehmers aus einem Pauschalprämie-Tarif, in die das durch Vorerkrankungen des Versicherten bedingte Gesamtrisiko einkalkuliert war, in einen Grundprämie-Tarif für ein Basisrisiko und individuellen Risikozuschlägen ist der Versicherer berechtigt, im Zieltarif Risikozuschläge zu erheben. Das setzt lediglich voraus, dass der neue Tarif dies für die Risikoklasse vorsehe, in die der Versicherer den Versicherten bei Versicherungsabschluss eingestuft hatte.

Bei Abschluss eines Pauschalprämie-Tarifs erwirbt ein Versicherter kein Recht auf eine Freiheit von Risikozuschlägen bei einem völlig anders kalkulierten Tarif. Wenn der Kläger zu dem preiswerteren Grundbeitrag des neuen Tarifs ohne jeden Risikozuschlag versichert würde, läge darin eine Begünstigung, welche weder gegenüber dem Versicherer noch gegenüber neuen Versicherungsnehmern sachlich gerechtfertigt wäre.

Das Tarifwechselrecht soll den Versicherungsnehmer nur vor überhöhten, nicht aber vor risikogerechten Beiträgen schützen. Daher muss Vorsorge getroffen werden, dass ein Versicherungsnehmer mit einem schlechten Risiko eine Krankenversicherung im Pauschaltarif abschließt, um anschließend unter Berufung auf sein Tarifwechselrecht und unter Umgehung der strengen Risikoprüfung in den günstigeren Zieltarif zu wechseln.

Im Übrigen ist es sachlich nicht gerechtfertigt, die aus einem Pauschaltarif wechselnden Versicherungsnehmer gegenüber solchen zu bevorzugen, die erstmals einen Tarif mit individuellen Risikozuschlägen abschließen.

Somit muss der Versicherer dem Tarifwechsel nur zustimmen, wenn der Kläger den Risikozuschlag akzeptiert.