Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 10. Dezember 2014 (Az.: IV ZR 281/14) entschieden, dass ein Kraftfahrzeug-Kaskoversicherer, der im Rahmen eines Sachverständigen-Verfahrens einen eigenen Mitarbeiter benennt, nicht die Anforderungen an dieses Verfahren erfüllt.
Für seinen Pkw hatte ein Autofahrer u.a. eine Teilkaskoversicherung abgeschlossen. Nach einem dem Versicherer gemeldeten Glasbruchschaden bezifferte der Versicherer den Schaden zunächst auf über 500,- €. Da der Mann Zweifel an der Höhe hatte, beauftragte er einen vereidigten Kraftfahrzeug-Sachverständigen mit der Überprüfung der Abrechnung sowie gegebenenfalls der Einleitung eines Sachverständigen-Verfahrens im Sinne der AKB.
Die Abrechnung des Versicherers wurde dabei als fehlerhaft moniert. Der Sachverständige selbst bezifferte die Reparaturkosten auf 1.734,12 € und forderte den Versicherer daher zur Benennung eins Ausschussmitgliedes für ein Sachverständigen-Verfahren auf.
Der Versicherer reagierte mit einer Korrektur der von ihm akzeptierten Schadenhöhe auf 1.019,84 € und benannte gleichzeitig den Leiter seiner Sachverständigen-Abteilung als Ausschussmitglied. Dieser wurde von dem versichertenseitig beauftragten Gutachter hinsichtlich seiner Angestelltentätigkeit für den Versicherer als befangen abgelehnt. Der Sachverständige berief einen weiteren unabhängigen Diplom-Ingenieur als Ausschussmitglied, da der Versicherer innerhalb der bedingungsgemäß vorgeschriebenen Zweiwochenfrist kein anderes Ausschussmitglied benannt hatte.
Von beiden Ingenieuren wurden die Reparaturkosten mit 1.734,12 € angegeben. Somit ergab sich abzüglich der von dem Kläger zu tragenden Selbstbeteiligung ein Anspruch von fast 1.600 €. Auf diese Summe abzüglich einer bereits geleisteten Zahlung zusammen mit den Kosten für das Sachverständigen-Verfahren, für das ca. 820,- € angefallen waren, nahm der Versicherte seinen Versicherer in Anspruch.
Vor Gericht stellte sich der Versicherer auf den Standpunkt, dass der Kläger zur Zurückweisung des von ihm benannten Leiters seiner Sachverständigen-Abteilung als Ausschussmitglied nicht berechtigt war. Daher lehnte er das Ergebnis des Sachverständigen-Verfahrens sowie dessen Kostenübernahme ab.
Die BGH-Richter gaben der Revision des Klägers gegen ein abschlägiges Urteil der Vorinstanz statt, die sich der Rechtsauffassung des Versicherers angeschlossen hatte.
Der BGH war überzeugt, dass der versichererseitig benannte Leiter seiner Sachverständigen-Abteilung als Mitarbeiter einer der streitenden Parteien kein Sachverständiger im Sinne der AKB ist. Daher durften der Kläger bzw. dessen Sachverständiger ihn als Ausschussmitglied für das Sachverständigen-Verfahren zurückweisen.
Zwar wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer dem Text der Versicherungs-Bedingungen entnehmen, dass beide Parteien einen Sachverständigen benennen können, der in einem gewissen Näheverhältnis zum Benennenden stehen kann, jedoch keinesfalls zu der Ansicht gelangen, dass dieser in einem unmittelbaren Abhängigkeitsverhältnis stehen darf, denn damit ist er nicht mehr ein außerhalb der Parteien stehender Dritter.
Nach der Auffassung des BGH ist Zweck eines Sachverständigen-Verfahrens, die Schadenregulierung möglichst zügig mit sachverständiger Hilfe zu erledigen. Unvereinbar ist daher, dass ein Versicherer einen eigenen Mitarbeiter hierfür benennt, da es sich hierbei nicht um einen Dritten im Sinne der Versicherungs-Bedingungen handelt.
Somit wurde das Sachverständigen-Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt und der Revision des Versicherten vollumfänglich stattgegeben.