15.04.2016

Eine Erstattung der Selbstbeteiligung bei Arbeitslosengeld II

Die 12. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe hat mit Urteil vom 10. Februar 2016 entschieden (S 12 AS 715/15), dass Behandlungskosten privat versicherter Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die im Rahmen einer mit einem privaten Krankenversicherer vereinbarten Selbstbeteiligung anfallen, nicht durch den Grundsicherungsträger übernommen werden müssen.

Eine 1955 geborene Frau und spätere Klägerin war als selbstständige Buchhändlerin privat krankenversichert. Infolge einer Krebserkrankung musste sie ihre Tätigkeit aufgeben und bezieht seitdem Arbeitslosengeld II. Zur Senkung der Versicherungsbeiträge hatte sie noch während ihrer Berufstätigkeit einen Tarif abgeschlossen, der eine jährliche Selbstbeteiligung von 1.700,- € enthielt. Zwar bezuschusste der Grundsicherungsträger der Klägerin die Kranken- und Pflegeversicherung, lehnte jedoch die anteilige Berücksichtigung der Selbstbeteiligung bei den monatlichen Zahlungen ab.

Die Frau erhob deshalb Klage beim Karlsruher Sozialgericht und argumentierte, dass sie trotz basistarifähnlicher Leistungen als schlecht verdienende Selbstständige bewusst einen Tarif mit einer hohen Selbstbeteiligung gewählt habe, da sie sich nur diesen habe leisten können. Durch ihre Hilfsbedürftigkeit sah sie sich außer Stande, Krankheitskosten, die im Rahmen der Selbstbeteiligung anfallen würden, aus Mitteln des Arbeitslosengelds II zu finanzieren. In den Basistarif ohne Eigenleistungen zu wechseln, lehnte sie ab, da sie trotz ihrer schweren Erkrankung hoffe, ihren Lebensunterhalt irgendwann auch ohne öffentliche Leistungen bestreiten zu können. Die Beitragsreduzierung aufgrund der Selbstbeteiligung komme im Übrigen auch dem Grundsicherungsträger zu Gute.

Die Karlsruher Richter sahen das anders und wiesen die Klage als unbegründet zurück. Das Gericht bezweifelte nicht, dass die Klägerin einen Zuschuss zu den Beiträgen ihrer privaten Kranken- und Pflegeversicherung beanspruchen kann. Allerdings beziehe sich dieser Anspruch nicht auf eine anteilige Übernahme der mit dem privaten Krankenversicherer vereinbarten Selbstbeteiligung. Aufgrund des klaren Wortlauts des § 26 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 SGB II in Verbindung mit § 152 Absatz 4 Satz 2 und 3 VAG sei dieser ausgeschlossen.

Nach richterlicher Ansicht kommt es bei der Zahlung eines Zuschusses auf den von dem Leistungsempfänger zu zahlenden Beitrag und nicht auf eine von ihm zu tragende Selbstbeteiligung an. Andernfalls würde dies eine Besserstellung der Klägerin im Vergleich zu denjenigen Leistungsbeziehern nach dem SGB II ergeben, die mit Eintritt der Hilfebedürftigkeit in den Basistarif gewechselt sind.

Vorteil für die Klägerin wäre eine bessere medizinische Versorgung, ohne mit höheren Beiträgen zur privaten Krankenversicherung belastet zu werden.

Diese Ungleichbehandlung lehnte das Gericht auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ab.

Letztlich kann Beziehern von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zugemutet werden, in den Basistarif der privaten Krankenversicherungen ohne Selbstbeteiligung zu wechseln.