Das Landgericht (LG) Saarbrücken hat mit Urteil vom 21. Juni 2016 (14 S 32/16) entschieden, dass der Versicherer leistungsfrei sein kann, wenn ein Versicherungsnehmer in einem Schadenformular gestellte Fragen zu Vorschäden falsch beantwortet, obwohl er wissen muss, dass es ihm zur Beantwortung an ausreichenden Informationen fehlt.
Ein Mann und späterer Kläger hatte für seinen Pkw bei dem beklagten Versicherer u.a. eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Als er am13. November 2014 morgens festgestellt hatte, dass sein geparktes Auto von einem Unbekannten erheblich zerkratzt worden war, meldete er den Schaden seinem Versicherer. Alle in der Schadenanzeige gestellten Fragen nach reparierten und nicht reparierten Vorschäden sowie Schäden, welche das Fahrzeug möglicherweise beim Vorbesitzer erlitten hatte, beantwortete er anschließend mit „nein“.
Das stellte sich später als unrichtig heraus. Denn ein mit der Besichtigung des Fahrzeugs beauftragter Sachverständiger stellte u.a. Lackschäden und Dellen fest, die schon vor dem Vandalismusschaden vorhanden gewesen sein mussten. Zusätzliche Ermittlungen des Versicherers ergaben, dass das Fahrzeug im Jahr 2012 auf der gesamten Seite einen Streifschaden erlitten hatte und in diesem Jahr auch das Heck in Folge eines Verkehrsunfalls erheblich beschädigt worden war.
Auf Vorhalt durch seinen Versicherer verteidigte sich der Kläger damit, dass sich die Vorschäden in einer Zeit ereignet hätten, als sich das Fahrzeug ausschließlich im Besitz seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau befand.
Im Folgejahr habe er von ihr den Pkw übernommen, ohne dass er von seiner Frau über die Schadenfälle informiert wurde. Diese Aussage bestätigte seine Frau.
Der Vandalismusschaden wurde trotz allem nicht reguliert. Der Versicherer berief sich darauf, dass der Kläger die Vorschäden in der Schadenanzeige verschwiegen und damit arglistig und vorsätzlich seine Aufklärungs-Obliegenheiten verletzt habe.
Das LG Saarbrücken wies die Klage des Versicherten gegen seinen Vollkaskoversicherer als unbegründet zurück.
Nach richterlicher Auffassung ist es unstreitig, dass der Kläger die in der Schadenanzeige gestellten Fragen zu den Vorschäden falsch beantwortet und damit gegen seine vertragliche Verpflichtung verstoßen hat, alles zu tun, was zur Aufklärung des Sachverhalts dienlich sein kann.
Denn zählt, den Versicherer wahrheitsgemäß und vollständig über solche Umstände zu informieren, die für die Ermittlung der Höhe des Schadens von Bedeutung sind, wie frühere Schäden Diese können den Marktwert eines Fahrzeugs auch dann beeinflussen, wenn sie, wie im entschiedenen Fall, repariert wurden.
Der Kläger muss sich als Versicherungsnehmer ferner das Wissen seiner Ehefrau zurechnen lassen, da diese als Wissensvertreterin im Sinne von § 166 BGB anzusehen sei. Ausreichend ist dafür, dass ein Versicherungsnehmer einer anderen Person, insbesondere einem Familienangehörigen, einen versicherten Personenkraftwagen vollständig zur Benutzung zur Verfügung stelle und sich um das Fahrzeug in der Folgezeit nicht mehr kümmere.
Aufgrund der Eindeutigkeit der in der Schadenanzeige gestellten Fragen hätte der Kläger sie nicht, wie vorliegend, ins Blaue hinein beantworten dürfen, sondern wäre vielmehr dazu verpflichtet gewesen, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau wegen möglicher Vorschäden zu befragen.
Dem Kläger ist Arglist vorzuwerfen, da die Annahme arglistigen Verhaltens nahe liegt, wenn der Versicherer über den Wert der versicherten und zu entschädigenden Sache oder über diesen Wert bestimmende Faktoren in erheblichem Maße getäuscht wird. Das ist der Fall, wenn dem Versicherer auf klare und unmissverständliche Fragen hin erhebliche Vorschäden verschwiegen werden.
Schließlich habe es für den Kläger auf der Hand gelegen, dass, was die frühere Besitzzeit des Fahrzeugs anging, nur seine Frau, die sich völlig unabhängig in den letzten Jahren um das Auto gekümmert hatte, Angaben zu dem Personenkraftwagen machen konnte.
Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.