Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Beschluss vom 9. Februar 2016 entschieden (9 U 125/15), dass der Autofahrer weder unter der Aspekt der Betriebsgefahr, noch wegen des für ihn erkennbaren hohen Alters des Zweirad-Fahrers haftet, wenn es bei einem grob verkehrswidrigen Verhalten eines 80-jährigen Pedelec-Fahrers zu einer Kollision kommt.
Im Mai 2014 war der seinerzeit 80-jährige Mann und spätere Kläger mit seinem Pedelec auf einem durch eine durchgezogene Linie von der Fahrbahn abgetrennten Geh- und Radweg unterwegs, als er beim Abbiegen nach links nicht ordnungsgemäß bis in Höhe der Einmündung fuhr, um dann im rechten Winkel abzubiegen. Er fuhr sogar die durchgezogene Linie missachtend, schräg über die Fahrbahn in Richtung der nach links befindlichen Straße und kollidierte dabei mit dem Fahrzeug einer von hinten kommenden Autofahrerin. Der Kläger verletzte sich bei dem dadurch verursachten Sturz erheblich.
In seiner Klage gegen die Fahrzeughalterin verlangte er die Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld und berief sich dabei auf den Aspekt der Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs hafte. Eine Haftungsverpflichtung bestehe außerdem wegen seines erkennbaren Alters. Denn ein Fahrzeugführer habe sich bei der Annäherung an Kinder, Hilfsbedürftige und ältere Menschen durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit sowie erhöhter Bremsbereitschaft so zu verhalten, dass deren Gefährdung ausgeschlossen ist.
Die OLG-Richter wiesen die Klage im Ergebnis als unbegründet zurück.
Nach richterlicher Überzeugung hat der Kläger bei seinem Fahrmanöver seine im Straßenverkehr notwendige Sorgfalt in so ungewöhnlich hohem Maße verletzt, dass er die Unfallfolgen ausschließlich selbst zu vertreten hat, da er ohne die gebotene Rückschau versuchte, blindlings von rechts nach schräg links die Fahrbahn – unter Missachtung der Verkehrsregeln - zu überqueren.
Die Beweisaufnahme ergab, dass er sein Vorhaben auch nicht durch ein Handzeichen angezeigt hatte. Deswegen sei sein Pedelec in wenigen Sekunden für die sich von hinten nähernde Beklagte zu einem breiten und gefährlichen Hindernis geworden.
Damit habe die Beklagte auch angesichts des klägerischen Alters nicht rechnen müssen und durfte unterstellen, dass er die Verkehrssituation beherrschen werde.