Organspenden retten jedes Jahr hunderte Leben in Deutschland - ganz gleich, ob ein lebender Spender für einen Angehörigen ein Organ gibt oder die Organe eines verstorbenen Unfallopfers verpflanzt werden. Ein Thema, das auch in der Coronakrise Beachtung verdient hat.
Organspenden retten Leben - das ist ein Fakt. Und auch in der Coronakrise warten viele Patientinnen und Patienten auf ein lebensrettendes Organ. Oft vergeblich, denn im internationalen Vergleich ist Deutschland noch immer eines der Schlusslichter bei der Verpflanzung von Organen. Kommen in Spanien beispielsweise laut Bundesregierung 48 Organspender auf eine Million Einwohner und in Portugal 33,6 Spender, so sind es in Deutschland nur 11,5.
Die Wichtigkeit der Organspende ist ein Grund, weshalb man sich auch in Corona-Zeiten durchaus mit dem Thema beschäftigen sollte. Man unterscheidet zwischen zwei Arten der Spende: der Lebendspende, bei der ein Organ aus dem Körper eines gesunden Menschen in den Körper eines Bedürftigen verpflanzt wird. Und die postmortale Spende, bei der ein Organ oder mehrere Organe aus dem Körper eines Verstorbenen in den eines lebenden Menschen verpflanzt werden.
Lebendspende: klare Regeln
Bei der Lebendspende gibt es strenge Regeln, die verhindern sollen, dass eine Art Organhandel entstehen kann - und hierbei eventuell die finanzielle Not von Menschen ausgenutzt wird. So darf das Organ nur zwischen zwei Personen verpflanzt werden, die miteinander verwandt sind oder sich nachweislich sehr nahestehen. Eine finanzielle Entschädigung gibt es hierbei für den Spender nicht. Die Spende soll freiwillig nach gutem Überlegen und ohne finanzielle Anreize erfolgen.
Allerdings müssen Spender und Empfänger keine Angst haben, auf den Kosten des Eingriffes sowie eventuellen Reha-Kosten sitzenzubleiben. Sowohl die privaten als auch die gesetzlichen Versicherer haben sich verpflichtet, die Behandlungskosten zu tragen. Für Vor- und Nachbereitung des Eingriffes kommen die Versicherer ebenso auf wie für erforderliche Therapien, wenn der Eingriff Rehabilitations-Programme erfordert. Erleiden Spender bei der Organentnahme einen Gesundheitsschaden, der über den mit der Operation generell verbundenen Eingriff hinausgeht, können sie laut Bundessozialgericht zusätzlich eine Entschädigung von der gesetzlichen Unfallversicherung verlangen (Az.: B 2 U 16/11 R).
Doch natürlich ist es eher der Normalfall, dass es den Patienten nach dem Eingriff gut ergeht. Hierfür sind auch die behandelnden Ärzte in der Pflicht. Der Bundesgerichtshof hat mit mehreren Urteilen entschieden, dass Ärzte über Chancen und Risiken der Transplantation informieren müssen. Auch müssen sie prüfen, ob die Gesundheits-Angaben und Informationen für den Spender vollständig und korrekt waren. Nur dann ist die Einwilligung in die Operation wirksam. Anderenfalls müssen die Ärzte Schadensersatz leisten (Az. VI ZR 415/18, Az. VI ZR 495/16 und VI ZR 318/17).
Natürlich ist auch in Corona-Zeiten eine Organspende möglich. Alle potentiellen Spender werden vorab ausreichend auf das Coronavirus getestet und es gelten besonders strikte Hygienemaßnahmen, wie die Deutsche Gesellschaft Organtransplantation (DSO) berichtet. „Organspender werden weiterhin gemeldet und Organtransplantationen finden weiterhin statt“, so der Verband.
Entscheidungslösung: ein Grund für niedrige Spendenzahl
Der zweite Fall der Organspende ist, wie bereits erwähnt, die postmortale Spende nach dem Tod eines Menschen. Dass in Deutschland vergleichsweise wenig Organe verpflanzt werden, liegt daran, dass bei postmortalen Spenden die sogenannte Entscheidungslösung bindend ist. Das heißt, hierzulande darf kein Organ eines Verstorbenen entnommen werden, wenn dieser nicht zu Lebzeiten seine Einwilligung erklärt hat - oder wenn nach seinem Tod nicht die Hinterbliebenen einer Entnahme zustimmen.
Dabei besteht keine Pflicht, bei diesem sensiblen Thema zustimmen oder ablehnen zu müssen. Jede mündige Person ab 16 Jahren soll selbst entscheiden dürfen, ob sie sich mit dem Thema auseinandersetzt und eine entsprechende Erklärung abgibt.
Das ist in zahlreichen europäischen Staaten wie zum Beispiel Spanien anders. Dort wird die sogenannte Widerspruchslösung angewendet. Das bedeutet, jedem dürfen nach dem Tod Organe entnommen werden, der nicht ausdrücklich widersprochen hat.
Das Thema ist mit zahlreichen Tabus behaftet: Wer beschäftigt sich schon gern mit seinem eigenen Ableben? Dass eine Organspende aber eine sehr gute Entscheidung sein kann, zeigt sich daran, dass nach einem Unfall oder einer schweren Krankheit mit einer einzigen postmortalen Spende bis zu sieben Leben gerettet werden können. Und der Bedarf ist groß. Laut Bundesgesundheitsministerium stehen derzeit in Deutschland 9.500 Menschen auf der Warteliste für ein lebensrettendes Organ. Das sind zehnmal mehr Personen, als Organe zur Verfügung stehen.
Dennoch: Die Spendenbereitschaft ist auch unter den Deutschen groß, glaubt man Umfragen. 84 Prozent stehen einer Organspende grundsätzlich positiv gegenüber, so eine repräsentative Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Doch nur etwa 39 Prozent der Deutschen besitzen einen Organspendeausweis. Angst, dass einem nach einem Unfall vorschnell die Organe entnommen werden, muss man nicht haben. Erst, wenn der unumkehrbare Ausfall der gesamten Hirnfunktionen (Hirntod) von mehreren Ärzten bestätigt wurde, ist ein solcher Eingriff erlaubt. Infomaterial über das Thema gibt es bei den Krankenversicherern und den Hausärzten, beide beraten auch dazu.