21.02.2017

Rückzahlung bei unterlassener Informationspflicht über Wiederheirat

Rückzahlung bei unterlassener Informationspflicht über Wiederheirat

Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat am 24. Januar 2017 entschieden und eine Witwe zur Rückzahlung von ca. 71.000 € verurteilt (L 13 R 923/16), dass Bezieher von Witwer- oder Witwenrente den gesetzlichen Rentenversicherungsträger schnellstmöglich über eine Wiederheirat informieren müssen. Bei grob fahrlässiger Unterlassung kann rückwirkend ein Rückzahlungsanspruch gegen den Versicherten geltend gemacht werden.

Eine im Jahre 1943 geborene Frau und spätere Klägerin bezog seit dem Tod ihres ersten Ehemanns im Jahr 1996 eine große Witwenrente. Zu Beginn der Rentenzahlung wurde ihr schriftlich das Erlöschen ihres Anspruchs mit Ablauf des Monats einer Wiederheirat mitgeteilt. Diese müsse dem Rentenversicherungs-Träger unverzüglich mitgeteilt werden.

Zu Weihnachten 2002 überraschte der neue Lebensgefährte der Klägerin sie mit Flugtickets nach Las Vegas. Dort entschloss sich das Pärchen, nach Aussage der Klägerin spontan, in der sogenannten „Candlelight Wedding Chapel“ zu einer eher ungewöhnlichen Eheschließung. Die Trauungszeremonie wurde in Country-Kleidung in englischer Sprache und von einem Geistlichen in Anwesenheit eines Trauzeugen durchgeführt. Wegen der Art der Zeremonie ging die Klägerin nach eigenen Angaben davon aus, dass es sich um einen „Urlaubsspaß“ gehandelt habe und die Ehe in Deutschland nicht rechtsgültig sei. Ferner sei man in Deutschland nie als Ehepaar aufgetreten.

Daher fühlte sich die Klägerin nicht dazu veranlasst, den Rentenversicherungsträger über den zweiten Eheschluss zu informieren. Als dieser erst im Juni 2014 von der Sache erfuhr teilte er ihr mit, dass sie rückwirkend seit dem 1. Mai 2003 keinen Anspruch auf Witwenrenten habe. Die in Amerika geschlossene Ehe sei in Deutschland durchaus gültig, so dass sie die überzahlte Rente in Höhe ca. zurückzahlen müsse.

Das Sozialgericht Stuttgart wies die Ansprüche der Behörde als unbegründet zurück. Die Richter zogen nicht in Zweifel, dass es sich bei der in Las Vegas unter den dortigen örtlichen Bedingungen geschlossene Ehe um eine Wiederheirat im Sinne von § 46 SGB VI gehandelt hat. Die Einstellung der Rentenzahlung mit Wirkung für die Vergangenheit sei dennoch unrechtmäßig erfolgt. Voraussetzung ist, dass die Klägerin gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X ihre Mitteilungspflichten gegenüber dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger grob fahrlässig oder vorsätzlich verletzt hätte.

Nach einer persönlichen Anhörung der Klägerin kamen die Richter zu dem Ergebnis, dass die Frau von der Ungültigkeit der Ehe in Deutschland überzeugt war.

Der Rentenversicherungsträger legte dagegen mit Erfolgt Berufung beim LSG Baden-Württemberg ein.

Nach Ansicht der Berufungsrichter hätte die Klägerin wissen können und müssen, dass die Wiederheirat in Las Vegas zum Wegfall ihrer Ansprüche auf Witwenrente führen würde, da die Trauungszeremonie trotz ihrer für hiesige Verhältnisse ungewöhnlichen Art einen offiziellen Charakter hatte. Zuvor mussten auch diverse Formalien erfüllt und eine Gebühr entrichtet werden. Darüber hinaus musste das Paar auch Angaben zum Familienstand machen und nachweisen, nicht bereits verheiratet zu sein. Die Klägerin legte dazu die Sterbeurkunde ihres verstorbenen ersten Mannes vor. Das Gericht nahm der Klägerin die spontane Eheschließung als reiner „Urlaubsspaß“ nicht ab.

Daher wurde die Frau zur Rückzahlung der ca. 71.000 € an den gesetzlichen Rentenversicherungsträger verurteilt.