Ein Unfallversicherer hatte geklagt, dessen Versicherter im Januar 2010 gegen zehn Uhr auf einem glatten Gehweg vor dem Grundstück der beklagten Wohnungseigentümer-Gemeinschaft ausgerutscht war und sich dabei erheblich verletzt hatte. Der Versicherer wollte mit dem Argument, dass der Weg zum Zeitpunkt des Unfalls nicht ausreichend geräumt bzw. gestreut war und die Beklagte folglich ihre Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt habe, diese in Höhe seiner für den Verletzten geleisteten Aufwendungen in Regress nehmen.
Der Versicherer berief sich dabei auf die Gemeinde-Satzung, in der sich der Unfall ereignet hatte. Gemäß deren Vorgabe begann die Streu- und Räumpflicht bereits um acht Uhr.
Allerdings fühlte sich die Wohnungseigentümer-Gemeinschaft zu Unrecht beschuldigt, da sie den Winterdienst nachweislich auf einen zum Unfallzeitpunkt 82-jährigen Rentner übertragen hatte, welcher diesen sowie die Außenpflege des Grundstücks bereits seit mehr als 20 Jahren durchführte.
Zunächst war die Beklagte mit dieser Argumentation erfolgreich. Das von dem Versicherer in erster Instanz angerufene Oldenburger Landgericht wies die Regressforderung als unbegründet zurück. Daraufhin landete der Fall vor dem OLG der Stadt, wo die Wohnungseigentümer-Gemeinschaft eine Niederlage erlitt.
Die Beklagte hat die ihr von der Gemeinde übertragene Streu- und Räumpflicht am Unfalltag verletzt, da nachweislich des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Weg, auf welchem der Versicherte des Klägers zu Schaden gekommen war, zu diesem Zeitpunkt weder gestreut noch geräumt worden war.
Zwar stellte das Gericht nicht in Abrede, dass ein Grundstücksbesitzer seine Verpflichtung zur Durchführung des Winterdienstes auf einen Dritten übertragen darf. Erfolgt aber die Übertragung auf einen Rentner, so ist spätestens nach Überschreitung des 80. Lebensjahrs eine kritische Überprüfung erforderlich, ob dieser seiner Verpflichtung noch sicher und zuverlässig nachkommen kann. Es hatten sich bereits in der Vergangenheit Hinweise darauf ergeben, dass der Weg vor dem Grundstück der Beklagten nicht immer gestreut bzw. geräumt gewesen war.
Daher wäre die Wohnungseigentümer-Gemeinschaft dazu verpflichtet gewesen, eine engmaschige Überwachung ihres Beauftragten zu organisieren. Da das nicht geschehen ist, ist sie selbst für den Unfall verantwortlich.
Nach Auffassung des Gerichts trifft den Versicherten der Klägerin allerdings ein nicht unerhebliches Mitverschulden, da es für ihn offensichtlich war, dass auf dem von ihm benutzten Weg kein Winterdienst durchgeführt worden war. Darauf hätte er sich einstellen müssen.
Somit bleibt der klagende Versicherer 40 Prozent seiner Forderungen hängen.