Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat mit Urteil vom 19. Juli 2016 entschieden (12 U 85/16), dass ein Hausratversicherer leisten muss, wenn ein Versicherter einen geplanten Trickdiebstahl seiner Armbanduhr im letzten Augenblick bemerkt und die Uhr noch zu fassen bekommt, ohne den Diebstahl letztlich verhindern zu können.
Ein Mann und späterer Kläger war auf der Straße von einem Unbekannten nach der Uhrzeit gefragt worden. Wenig später bemerkte er, dass dabei seine wertvolle Armbanduhr entwenden werden sollte. Obgleich er sie im letzten Augenblick noch zu fassen bekam, wurde ihm die Uhr entrissen.
Sein Hausratversicherer lehnte den Ersatz der Uhr ab, da es sich bei dem Schadenereignis nicht um einen Raub, sondern letztlich um einen Trickdiebstahl gehandelt habe, die jedoch bedingungsgemäß nicht versichert seien.
Ferner habe der Kläger grob fahrlässig gehandelt, da eine Armbanduhr im Wert von 5.100 € nicht auf der Straße getragen werden dürfte, ohne den Versicherungsschutz zu gefährden.
Die Karlsruher OLG-Richter des 12. Zivilsenats waren zweitinstanzlich mit dem Fall befasst und gaben aber der Berufung des Klägers gegen ein klageabweisendes Urteil der Vorinstanz statt.
Nach richterlicher Überzeugung erfüllt der versicherungsnehmerseitig behauptete Tathergang die Voraussetzungen eines versicherten Raubes. Indem der Kläger den offenbar geplanten Trickdiebstahl im letzten Augenblick vereiteln wollte und die Uhr festgehalten hat, ist der für einen bedingungsgemäß versicherten Raub erforderliche Tatbestand der gewalttätigen Wegnahme gegeben. Nicht jedes Wegreißen ist als Raub im versicherungsrechtlichen Sinn ausreichend, aber zu dennoch zu beachten, dass die Formulierung ‚Reißen‘ gegenüber dem bloßen ‚Wegnehmen‘ nach allgemeinem Sprachgebrauch die Überwindung eines erhöhten Widerstands impliziert.
Unerheblich ist, dass der Kläger in der Schadenanzeige gegenüber seinem Versicherer angegeben hat, dass es keinen körperlichen Angriff gegeben habe, sondern der Täter mit List vorgegangen sei. Ein körperlicher Angriff sei für die Erfüllung des Raubtatbestandes im versicherungsrechtlichen Sinn nicht notwendig.
Eine Leistungskürzung wegen grober Fahrlässigkeit scheidet aus, da das Tragen einer Armbanduhr ihrem normalen Verwendungszweck entspreche. Insofern liegt auch kein Sorgfaltsverstoß vor, wenn es sich um eine wertvolle Uhr handelt und sie innerhalb Deutschlands auf der Straße getragen wird.
Keine andere Bewertung ist geboten, wenn der Versicherungsnehmer von einem Unbekannten angesprochen wird und für den anderen sichtbar die Zeit abliest. Auch das entspricht dem Verwendungszweck der Uhr.
Die Entscheidung ist rechtkräftig.