Eine Unfallversicherung leistet für Unfallfolgen. So zahlt der Versicherer auch nur für psychische Beeinträchtigungen, wenn diese als Folge eines Unfalls auftreten – zum Beispiel nach einem Sturz auf den Kopf. Welche Bedingungen aber müssen erfüllt sein für einen solchen Leistungsfall? Hierzu fällte das Oberlandesgericht Dresden im Januar 2019 ein Urteil, bei dem eine Frau leer ausging.
Klägerin des Rechtsstreits war eine Frau, die durch einen Sturz von einer Bordsteinkante auf die Straße fiel, mit dem Gesicht voran. Die Frau erlitt eine leichte Gehirnerschütterung, schien demnach Glück im Unglück gehabt zu haben. Dann aber häufen sich die Beschwerden nach längerer Zeit. Die Frau klagte über Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Erschöpfung. Ein Arzt diagnostizierte: Solche Beschwerden könnten auch auf den Sturz zurückzuführen sein.
Da die Frau eine Unfallversicherung abgeschlossen hatte, versuchte sie nun, Ansprüche aufgrund ihrer psychischen Beschwerden beim Versicherer geltend zu machen. Das Versicherungsunternehmen freilich bestritt, dass die Störungen Folge des Unfalls waren, vermeinte stattdessen eine Bewusstseinsstörung. Bewusstseinsstörungen sind durch die Versicherungsbedingungen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Also klagte die Frau, erst erfolglos vor dem Landesgericht, nun erfolglos vor dem Oberlandesgericht. Warum aber urteilten die Gerichte, die Versicherung muss nicht zahlen?
Grund sind mehrere Gutachten, die zwar nicht eindeutig den Sturzschaden ausschließen konnten, diesen aber auch nicht wahrscheinlich genug machten. Zwar brachte die Frau durch den Verdacht ihres Arztes zunächst das Versicherungsunternehmen in Beweiszwang. Zahlen musste die Versicherung folglich dann nicht, wenn sie nun beweisen konnte, dass die psychischen Störungen in keiner Verbindung mit dem Sturz stehen.
Durch Fachgutachten sowohl des Versicherers als auch der Gerichte wurde aber ersichtlich: Die Beeinträchtigungen lassen sich keineswegs eindeutig genug auf den Sturz zurückführen. Denn die Beschwerden der Frau waren zu unspezifisch für einen eindeutigen Sturzschaden. Unspezifische Beschwerden bedeuten jedoch nicht prinzipiell, dass der Sturz keine Ursache war. Vielmehr kommt es in zehn bis fünfzehn Prozent der Fälle nach einem Sturz auf den Kopf tatsächlich zur Diagnose psychischer Störungen mit unspezifischen Beschwerden, so dass ein Unfallversicherer zahlen müsste.
Eine Wahrscheinlichkeit von zehn bis fünfzehn Prozent aber reicht nicht aus, die Versicherung in die Zahlungspflicht zu nehmen. Vielmehr muss laut Urteil eine überwiegende Wahrscheinlichkeit zwischen Unfall und folgendem Schaden bestehen. Erst bei einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass ein Sturz psychische Beeinträchtigungen auslöste, muss folglich die Unfallversicherung für eine psychische Störung einstehen.