Wenn Industriebetriebe längere Zeit von einer Betriebsunterbrechung betroffen sind, kann das im Zweifel die Existenz bedrohen. Und je mehr die weltweite Vernetzung zunimmt, desto mehr steigt auch die Wahrscheinlichkeit eines solches Ereignisses: Da reicht schon ein Angriff auf die IT-Technik einer Firma. Anlass für den Versicherer-Dachverband, gerade kleine und mittlere Betriebe für das Thema zu sensibilisieren.
Es ist ein krasses, aber keineswegs seltenes Beispiel, das der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in seinem aktuellen Magazin wählt, um für die Gefahren einer Betriebsunterbrechung zu sensibilisieren. Ein Presswerk, das Autoteile fertigt, wurde demnach 2016 Opfer mehrerer Unwetterereignisse, u. a. von Überschwemmungen durch Winterstürme. Einen halben Tag konnte das Unternehmen gar nicht produzieren, bis der Betrieb teilweise wieder aufgenommen wurde. Doch durch das Wasser und Dreck waren auch Maschinen beschädigt und es dauerte mehrere Wochen, bis der Originalzustand wiederhergestellt wurde. In Summe hatte der Betrieb mit 17.000 Mitarbeitern einen Schaden von mehr als 100 Millionen Euro zu beklagen.
Derartige Betriebsausfälle sind heute leider keine Seltenheit mehr und suchen auch deutlich kleinere Firmen heim. Grund ist die zunehmende Vernetzung der Welt, oder wie es der GDV nennt: „Dominoeffekt dank Digitalisierung“. In einer zunehmend vernetzten Welt werden auch Lieferketten und Produktionsprozesse vernetzter und digitaler, was die Störanfälligkeit erhöht. Schon ein Angriff auf die IT einer Firma oder eines Zulieferers kann dann die Produktion für mehrere Tage stilllegen. Oder ein LKW mit wichtigen Bauteilen, der die Grenzkontrolle nicht passieren darf, weil er die falschen Dokumente dabei hat. „Sowohl die Häufigkeit von Betriebsunterbrechungen nimmt zu als auch die Schadenshöhe“, sagt Michael Busch, Leiter der GDV-Kommission Sachversicherungen Firmengeschäft.
Das hat auch Auswirkungen auf den Versicherungsschutz von Gewerbebetrieben, der sich auf die wandelnden Bedürfnisse einstellen muss. Noch im Jahr 1998 seien drei Viertel der Versicherungsbeiträge in klassische Feuerindustrie- oder Feuer-Betriebsunterbrechungs-Policen geflossen, die vor allem der Absicherung von Brandrisiken dienten. Diese machen heute nur noch vier von zehn Verträgen aus. Stattdessen boomen Extended-Coverage-Versicherungen und All-Risk-Verträge, berichtet der GDV. Also Verträge, die eine Art Gesamtpaket gegen eine Vielzahl von möglichen Betriebsstörungen und Ausfallgründen beinhalten. Auch die Schadenssummen stiegen in den letzten Jahren stark an. Gaben die deutschen Industrieversicherer 2010 noch rund 1,96 Milliarden Euro zur Regulierung von Schäden aus, waren es 2016 bereits knapp 2,8 Milliarden Euro.
Gewerbebetriebe sollten ihren Versicherungsschutz dahingehend prüfen, ob er für die neuen Anforderungen einer vernetzten Welt ausreichend Deckung bietet. Das beinhaltet vor allem auch Cyberrisiken. Die Schäden dort werden heute von Rückversicherern schon auf 600 Milliarden Dollar weltweit geschätzt. Doch nur ein Prozent aller Betriebe verfügt über eine Cyberversicherung oder einen entsprechenden Baustein. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass Erpressersoftware wie „Wannacry“ sogar große Firmen wie Renault oder die Deutsche Bahn schädigen konnte. Bei der Deutschen Bahn zum Beispiel wurden rund 450 Rechner infiziert und führten unter anderem zum Ausfall von Anzeigetafeln und einer regionalen Leitstelle. In Berlin fielen mehrere Wochen Fahrkartenautomaten aus. Der Schaden ging ebenfalls in die Millionen. Weil die Tarife auf den jeweiligen Betrieb und dessen Risiken abgestimmt sein müssen, empfiehlt sich ein Beratungsgespräch mit einem qualifizierten Experten.