„Wer krank ist, bleibt zuhause“ – dieser Grundsatz findet nicht überall Beachtung. Und das kann Folgen haben. So musste ein Geschäftsführer die Kosten einer abgesagten Hochzeit übernehmen. Wie es dazu kam.
August 2020: Der Geschäftsführer einer Firma kam aus seinem Italien-Urlaub zurück und ging trotz deutlicher Erkältungssymptome ins Büro. Für auswärtige Termine nutze er gemeinsam mit einer Angestellten ein Auto – ohne einen Mund-Nasen-Schutz.
Tatsächlich wurde der Mann nur wenige Tage später positiv auf Corona getestet. Das Gesundheitsamt ordnete deshalb für ihn und seine Angestellte (als Kontaktperson) Quarantäne an. Für die Frau kam das besonders ungelegen: Sie musste die geplante kirchliche Trauung und die anschließende Hochzeitsfeier absagen. Mit der Absage der Feierlichkeiten waren dennoch Kosten verbunden: Für Raummiete, Band, Catering usw. wurden etwas mehr als 5.000 Euro fällig.
Zwar sprach das Arbeitsgericht Regensburg der Frau in erster Instanz Schadenersatz zu. Doch der Geschäftsführer legte Revision gegen dieses Urteil ein. Er argumentierte u. a., dass die Quarantäne auch verhängt worden wäre, wenn er und die Angestellte Mund-Nasen-Schutz im Fahrzeug getragen hätten. Zudem wollte er eine Mitschuld der Angestellten festgestellt wissen: Die Frau hätte nicht mit ihm gemeinsam im Auto fahren müssen.
Doch auch das Landesarbeitsgericht München (Az.: 4 Sa 457/21) konnte sich dieser Argumentation – wie die Vorinstanz – nicht anschließen. Die Münchener Richter schreiben dazu im Urteil: „Es konnte von der Klägerin nicht erwartet werden, dass sie gegenüber ihrem Vorgesetzten verlangte, ein zweites Auto zu nutzen. Dies wäre einem Hinweis der Angestellten gegenüber dem Geschäftsführer gleichgekommen, dass dieser seinen eigenen Gesundheitszustand nicht ausreichend beachte und nicht adäquat darauf reagiere.“ Ein solches Verhalten sei schwer vorstellbar und nicht von der Mitarbeiterin zu verlangen.
Die Richter sahen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber der Angestellten verletzt. Trotz Erkältungssymptomen sei der Geschäftsführer nach seiner Rückkehr aus Italien ins Büro gekommen und hat längere Autofahrten mit der Mitarbeiterin unternommen. Damit verstieß er gegen die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel (in der Fassung vom 10.08.2020), nach deren Ziffer 4.2.1. die Arbeitsumgebung so zu gestalten war, dass Sicherheitsabstände von 1,5 m eingehalten werden konnten und jede Person bei Krankheitssymptomen zuhause bleiben sollte.
Die Richter bestätigten das Urteil der Vorinstanz und ließen keine Revision zu. Der Frau steht demnach Ersatz ihres Schadens zu.
Weiterer Gegenstand der Verhandlung waren auch Formulierungen im Arbeitszeugnis der Frau. Denn das Arbeitsverhältnis wurde nicht fortgesetzt.