11.03.2016

Wenn der Krankenversicherer sein Beratungspflicht verletzt

 

 

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat mit Beschluss vom 10. Juni 2015 (25 U 945/15) entschieden, dass es zu den Beratungspflichten eines privaten Krankenversicherers zählt, Kunden rechtzeitig und ausreichend auf die ggf. bestehende Möglichkeit hinzuweisen, die Kinder zum Ausbildungstarif zu versichern.

Eine Frau und spätere Klägerin war selbst und mit ihren beiden Kindern privat krankenversichert. Mit Erreichen des jeweils 20. Lebensjahres ihrer Kinder wurden für beide Beiträge auf Basis eines Erwachsenentarifs fällig. Die Klägerin verlangte von ihrem Krankenversicherer eine nachträgliche Tarifumstellung, als sie später davon Kenntnis erlangte, dass ein wesentlich günstigerer Ausbildungstarif als weitere Versicherung möglich gewesen wäre. Dies lehnte der Versicherer allerdings ab, so dass der Streit vor Gericht ausgetragen wurde. Vor dem Münchener Landgericht und dem OLG unterlag der Versicherer.

Die Richter beider Instanzen kamen zu dem Ergebnis, dass der Versicherer zur ausreichenden Aufklärung der Klägerin verpflichtet gewesen wäre, ihre Kinder im Ausbildungstarif weiter zu versichern. Er hätte erkennen müssen, dass die Versicherte aus mangelnden versicherungsrechtlichen und -technischen Kenntnissen nicht zur Auswahl der passenden Vertragsgestaltung im Stande war. Deswegen hätte der Versicherer die Klägerin ggf. beraten und sie unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der zu zahlenden Prämie nach ihren Wünschen und Bedürfnissen befragen müssen.

Nach richterlicher Auffassung hätte dazu ggf. auch eine Beratung in Textform ausgereicht, da eine solche, rechtzeitig vor der Beitragsumstellung zu erteilende Information auch im täglichen Massengeschäft einen zu vernachlässigenden Aufwand verursacht.

Im vorliegenden Fall hatte der Krankenversicherer zwar im Kleingedruckten auf eine mögliche Vertragsumstellung in einen Ausbildungstarif hingewiesen, jedoch ohne dies im Text besonders hervorzuheben, so dass der Hinweis leicht überlesen werden konnte.

Darüber hinaus hatte der Versicherer in einem Anschreiben den Eindruck erweckt, dass es sich um eine erforderliche und unausweichliche Beitragsanpassung ohne Handlungsspielraum für die Klägerin handeln würde und somit seine Beratungspflichten verletzt.

Vor diesem Hintergrund war die Klage erfolgreich.