Das Amtsgericht (AG) Wittmund hat mit Urteil vom 16. Februar 2017 entschieden (4 C 343/16), dass ein Gechädigter nicht dazu verpflichtet ist, eigene Ermittlungen zu veranlassen oder einen Reparaturauftrag zu erteilen, solange ein Haftpflichtversicherer einen ihm vorgelegten Kostenvoranschlag prüfen lässt.
Geklagt hatte ein Mann, dessen Fahrzeug bei einem durch einen Hund ausgelösten Unfall beschädigt worden war.
Die alleinige Verantwortung des Hundehalters war unstreitig. Streitig vor Gericht war, dass sich dessen Haftpflichtversicherer lediglich zu einem Teil an den Mietwagenkosten des Klägers beteiligen wollte. Dieser hatte dem Versicherer unverzüglich nach dem Unfall einen Kostenvoranschlag übersandt und mehrfach telefonisch nachgefragt, ob er einen Reparaturauftrag erteilen könne oder ob sein Auto durch einen Gutachter in Augenschein genommen werden solle. Denn wegen der Schadenhöhe von ca. 4.500 Euro war es nicht eindeutig, ob der Versicherer die Einholung eines Gutachtens fordern werde.
Der Versicherer hatte die Beantwortung dieser Frage nicht eilig und reichte den Kostenvoranschlag nämlich zunächst an ein externes Sachverständigen-Büro zur Durchführung einer Plausibilitätsprüfung weiter. Erst nach Eingang der Stellungnahme des Gutachters teilte der Versicherer dem Kläger mit, dass keine Besichtigung des Fahrzeugs erforderlich sei. Der Kläger erteilte daraufhin umgehend einen Reparaturauftrag.
Da er sein beschädigtes Fahrzeug nicht nutzen konnte, mietete der Kläger schon am Unfalltag ein Auto. Die dadurch entstandenen Kosten für die Dauer von 25 Tagen in Höhe von ca. 875 Euro machte er gegenüber dem Versicherer des Hundehalters geltend, welcher sich jedoch nur mit einem Betrag von 385 Euro an den Mietwagenkosten beteiligen wollte. Denn die unfallbedingte Reparaturdauer habe nur etwas mehr als zehn Tage betragen. Der Kläger musste im Rahmen seiner Schadenminderungspflicht nicht den Reparaturauftrag schon früher erteilen.
Das AG Wittmund gab der Klage des Geschädigten auf Zahlung der restlichen Mietwagenkosten in vollem Umfang statt.
Nach richterlicher Ansicht durfte der Kläger darauf einerseits vertrauen, dass die Prüfung des von ihm eingereichten Kostenvoranschlags zügig vonstatten gehen werde. Ebenfalls habe der Geschädigte darauf vertrauen dürfen, dass ihm der Versicherer kurzfristig mitteilen werde, ob er das Fahrzeug besichtigen lassen will oder ob ein Reparaturauftrag erteilt werden kann.
Deswegen sei der Kläger weder dazu verpflichtet gewesen, selber einen Sachverständigen zu beauftragen, noch eine von dem Versicherer möglicherweise gewünschte Besichtigung seines Fahrzeugs durch Inauftraggabe der Reparatur zu vereiteln.
Zwar habe ein Geschädigter keinen Anspruch darauf, dass ihm der Haftpflichtversicherer des Schadenverursachers das wirtschaftliche Risiko des zu erteilenden Reparaturauftrags durch eine sogenannte Übernahmebestätigung abnehme. Im vorliegenden Fall sei es jedoch nicht um Unklarheiten über den Haftungsgrund gegangen. Vielmehr sei es nur um die Frage gegangen, ob der Haftpflichtversicherer die Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens verlangt oder den Kostenvoranschlag akzeptiert.
Der Kläger durfte daher vor Erteilung des Reparaturauftrags die Entscheidung des Versicherers abwarten.
Somit hatte er folglich auch für diese Zeit Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten.